memento mori
Den aje Kerkhaof
November 2008
Der alte Friedhof von Roermond
Der offizielle Namen des Friedhofes ist „Begraafplaats nabij de Kapel in `t Zand“. Im Roermonder Dialekt spricht man von „Den aje Kerkhaof“. Er ist einer der ältesten Friedhöfe der Niederlande und wurde 1785 in Betrieb genommen.
Die Entwicklung des Friedhofes hängt mit der geschichtlichen Position Roermonds zusammen. In dieser Zeit gehörte die Stadt und dieser Teil der südlichen Niederlande zum Einflußbereich Österreichs unter Kaiser Josef II und damit zur Gesetzgebung Österreich-Habsburgs.
Am 26. Juni 1784 erschien das „Edikt des Kaisers zum Umgang mit Begräbnissen“:
„Das Beerdigen in einer Kirche, Kapelle, Betplatz oder anderen bedeckten Gebäuden“ wird verboten.
Artikel IV macht das deutlich: „Außerhalb der Städte und Ortschaften sollen Friedhöfe errichtet werden, wo allein die Bererdigungen erlaubt sind“.
Es war also klar, das es verboten wurde, weiterhin in und um kirchlicher Gebäude und Kapellen Beerdigungen vorzunehmen. Selbst innerhalb der Stadtmauern wurde das Begraben der Toten nicht mehr gestattet. Eine kräftige Geldstrafe gemahnte die Gemeinde Roermond, dieses Edikt schnellstmöglich umzusetzen.
Schon im Mai 1785 konnte fernab der damaligen Stadtmauern direkt an einem kleinen bereits bestehenden jüdischen Friedhof der Gemeindefriedhof in Gebrauch genommen werden.
Einzigartiger Friedhof
Durch sein Alter ist der Friedhof schon etwas besonderes, aber durch seine äußere Beschaffenheit noch einzigartiger. Nirgendwo in den Niederlanden ist die Trennung zwischen den katholischen, protestantischen und den beiden jüdischen Teilen so nachdrücklich sichtbar wie auf dem Roermonder „Aje Kerkhaof“.
Hohe Mauern trennen die Gräber der verschiedenen Glaubensgemeinden. Gleichzeitig befindet sich auf dem Friedhof noch ein sogenannter „verlaore Kirkhaof“ (verlorener Friedhof), ein Stück ungeweihter Erde, in dem im 19. Jahrhundert Menschen begraben wurden, die keinem Glauben angehörten oder als Folge der kirchlichen Regeln nicht in geweihter Erde begraben werden durften.
Auf dem katholischen Teil des Friedhofes ist die Aufteilung in Klassen immer noch gut erkennbar. Dieses Klassensystem lies selbst im Kult des Todes den Unterschied zwischen begüteter und minder begüteter Roermonder Bürger deutlich zum Ausdruck kommen.
Die erste Klasse war für „ewig dauernde“ Gräber reserviert. Die reichsten Roermonder ließen sich hier in monumentalen Bauten und imposanten Grabkammern beisetzen, während in der vierten Klasse die ärmsten Bürger kostenlos beigesetzt wurden.
Die Einteilung in Klassen spiegelte das Zusammenleben im 19. Jahrhundert sehr deutlich wieder. Vermutlich ist diese Einteilung bei der Erweiterung des Friedhofes im Jahre 1857 entstanden, denn durch Dr. Pierre Cuypers ist der Ausbau nach dem „Lütticher Modell“ hergerichtet worden. Die kennzeichnende Form und Symmetrie der rechtwinkligen Wege bekommt 1887 eine besondere Akzentuierung durch den Bau der bischöflichen Kapelle am zentralen Punkt des Friedhofes.
Im Bereich der ersten Klasse trifft man auf 50 Grabkeller, in Anbetracht der bescheidenen Größe des Friedhofes eine beachtliche Anzahl.
Das hohe Alter, die spezielle Einteilung für die diversen Konfessionen und die Klasseneinteilung sind nicht die einzigen Besonderheiten des „Aje Kerkhaof“. Ferner ist der Friedhof eine „Schatzkammer“ für monumentale neogotischen Grabkunst. Nicht unerwähnt sollte die große Anzahl schöner gußeiserner Kreuze mit ihrer typischen Grabsymbolik bleiben, die viele Gräber der zweiten und dritten Klasse zieren. Auch findet man viele schmiedeeiserne und gußeiserne Umzäunungen in der ersten Klasse. Das Vorfinden so vielen Schmiedewerkes erklärt sich darin, das im 19. Jahrhundert in Roermond die Kunstateliers der Firmen Cuypers und Stoltzenberg einen blühenden Schmiedekunstzweig betrieben.
Darüberhinaus ist der Friedhof in der Nähe der Kapelle `t Zand für seine seltsamen, chrakteristischen und monumentalen Bäume bekannt.
Markante Gräber
Weltberühmt ist „Das Grab mit den Händen“. Es geht hier um zwei Gräber, bei denen auf sehr kreative Art die gegenseitige Liebe zwischen einer römisch-katholischen Frau und einem protestantischen Mann nach deren Tod zum Ausdruck gebracht wird. Über die Trennmauer des katholischen und protestantischen Teil des Friedhofes hinweg reichen sich die römisch-katholische Frau J.C.P.H. van Aefferden und der protestantische Colonel der Kavallerie, J.W.C. van Gorkum, symbolisch die Hand.
Ein weiteres gediegenes Grab, gekrönt mit einem beeindruckenden neogotischem Monument, ist die Ruhestätte des Dr. P.J.H. Cuypers, Baumeister von u.a. dem Reichsmuseum und dem Hauptbahnhof in Amsterdam.
Es ist natürlich unmöglich auf alle interessanten Gräber in diesem kurzen Bericht einzugehen. Zweifellos wird man bei einem Rundgang über den Friedhof so manche “Perle“ entdecken sowie auf die monumentale Grabkapelle stoßen. Dieses größte Monument trifft man in der Mitte des Hauptweges an und wird vom Voksmund auch die „Bischofskapelle“ genannt. In der Krypta liegen seit der Herstellung der kirchlichen Herachie in den Niederlanden (1853) außer Mgr. Moors alle Bischöfe des Bistums Roermond.
Erhaltung des Friedhofes
Nach dem Verdrängen des Todes in den 70er Jahren ist das Bewußtsein, das der Tod unverkennbar zum Leben gehört, wieder stark gewachsen. Viele Berichte in Publikationen, Radio- und Fernsehen usw. zeugen vom Interesse an diesem Thema. Friedhöfe als Zeichen unserer Totenkultur „profitieren“ von dieser Neubewertung. Verschiedene historische Friedhöfe sind in den Niederlanden in den letzten Jahren restauriert worden. Nicht selten geschah das durch speziell dafür ins Leben gerufene Stiftungen.
Auch in Roermond realisiert man, das der Friedhof „Den aje Kerkhaof“ ein besonderes Kulturgut darstellt. Darum wurde im Jahre 1996 die Stiftung alter Friedhof eingerichtet.