nichts ist so wie es scheint
Wenn zwei Künstler sich zusammentun, um gemeinsam Kunst zu schaffen, birgt dies immer ein gewisses Risiko. Wie im „richtigen Leben“ ist auch in der Kunst das gemeinsame Vorgehen in der Regel immer mit Kompromissen verbunden, mit dem Eingehen auf den Anderen/die Andere und mit der Gefahr, möglicherweise sich selbst zu Gunsten der gewünschten Gesamtwirkung zurücknehmen zu müssen. Die Ausstellung von Christa Walters und Uwe Piper im [kunstraumno.10] zeigt jedoch, dass die Zusammenarbeit von zwei starken und eigenständigen Künstlerpersönlichkeiten auch berauschend schöne Arbeiten hervorbringen kann, die sowohl in direkter Kombination miteinander als auch als Einzelobjekte nichts von ihrer Strahlkraft einbüßen. Dies ist möglicherweise der Tatsache geschuldet, dass beide Künstler sich bereits sehr lange kennen und die Werke des Anderen schätzen und verstehen.
Die beiden arbeiten mit völlig verschiedenen Medien und Techniken, Uwe Piper fotografiert digital und gibt seine Arbeiten als C-Print auf Alu-Dibond oder Pigmentprint auf Photo Rag-Papier aus, Christa Walters benutzt Leinwand und Glas, die mit Acrylfarben bemalt werden. Die Thematik, speziell in dieser Ausstellung, ist jedoch bei beiden gleich: Die Natur – auch wenn diese nicht immer auf den ersten oder selbst den zweiten Blick zu erkennen ist. Dennoch liegt die Wiedergabe von Realitäten nicht im Sinne der Künstler, sondern vielmehr die Schaffung neuer Bildwirklichkeiten. Die Arbeiten beider Künstler bewegen sich im Spannungsfeld zwischen Naturdarstellung und Abstraktion.
Es ist faszinierend zu sehen, wie in einigen Arbeiten die Farben und Formen der Fotografien Uwe Pipers an die Malerei Christa Walters „weitergereicht“ werden und umgekehrt. Bei der Konzeption dieser Ausstellung sind zum Teil die Fotografien zuerst entstanden und Christa Walters hat durch die Schaffung eines neuen Gemäldes darauf „geantwortet“, zum Teil wurden auch zu vorhandenen Arbeiten der Künstlerin passende Fotografien ausgewählt. Die durch direkte Kombination entstandenen 2- bis 4-teiligen Werke zeichnen sich nicht nur durch eine erstaunliche Harmonie untereinander aus, sie bringen auch bewusst Gegensätze ins Spiel: Heiß und Kalt, Feuer und Wasser, Schwarz und Weiß, Detail und Totale, und eben Malerei und Fotografie.
Oft ist nicht direkt zu erkennen, welcher der Teile von wem geschaffen wurde. Insbesondere die Arbeiten, die Uwe Piper mit der Technik der Bewegungsfotografie aufgenommen hat, und seine extremen Nahaufnahmen von Oberflächen wirken wie abstrakte Malereien. Dagegen führt die Technik Christa Walters, ihre Leinwände mit (teils ebenfalls bemalten) Glasplatten abzudecken, zu ebenso hochglänzenden Oberflächen wie bei den C-Prints. Es ist eben nichts so, wie es zunächst scheint, man muss schon genau hinsehen, um die Geheimnisse dieser wunderbar poetischen und anmutigen Arbeiten zu entschlüsseln.
Text: Dr. Judith Dahmen-Beumers